Ihre Entdeckung war Zufall: Straßenarbeiten bescherten Rübeland eine neue Tropfsteinhöhle. Heute begeistert die Hermannshöhle (Harz) mit Olmensee, Kristallkammer und einem Bärenfriedhof.
Die Hermannshöhle ist quasi der Zwilling der Baumannshöhle, ist das Duo doch weit und breit als Rübeländer Tropfsteinhöhlen bekannt. Dabei ist die Hermannshöhle deutlich „jünger“. Zumindest, was ihre Entdeckung und Nutzung angeht. Denn entdeckt wurde die Höhle erst 1866. Also rund 300 Jahre nach der Baumannshöhle. Die Entdeckung war zudem reiner Zufall – dank Straßenbauarbeiten.
Zwar ist nicht ganz belegt, wer Entdecker und Erstbegeher der Höhle ist. Manche Quellen nennen den Neuwerker Wegeaufseher Wilhelm „Sechserding“ Angerstein, andere wieder den Rübeländer Fritz Sorge. Doch Fakt ist, dass der Eingang schon am nächsten Tag mit einer Tür verschlossen war.
Öffnung der Hermannshöhle 1890
1868 ordnete der Geheime Kammerrat Hermann Grotian die Vermessung der Höhle an. Von diesem bekam die Höhle übrigens ihren Namen. Allerdings erst 1877. Zuvor nannte man die Hermannshöhle (Harz) nach dem Spitznamen ihres Entdeckers Sechserdinghöhle. 1880 fand man unter anderem die heute berühmte Kristallkammer sowie unzählige Knochen von Höhlenbären. In diese Zeit fiel dann auch der Ausbau der Höhle zu einer Schauhöhle.
Zum 1. Mai 1890 feierte die Hermannshöhle Eröffnung. Jetzt erwies sich der frühe Verschluss der Höhle als gute Entscheidung. Die meisten Tropfsteine hatte man so erhalten können. Zumal man von Anfang an auf elektrisches Licht setzte. Verschmutzungen durch den Ruß von Fackeln wie in der Baumannshöhle oder Bielshöhle blieben somit aus.
Entstanden ist die Höhle übrigens wie die Baumannshöhle schon vielen hundert Millionen Jahren zuvor. Und zwar im sogenannten Devon, dass die Epoche um 419,2 bis 358,9 Millionen Jahren umfasst. Damit sind die Rübeländer Höhlen deutlich älter als die Dinosaurier, die erst im Trias und somit irgendwann vor 250 Millionen Jahren auftauchten.
Die Grottenolme der Hermannshöhle
Bekannt ist die Hermannshöhle (Harz) jedenfalls für drei Dinge. Nummer eins sind die Grottenolme, die allerdings von Menschen angesiedelt sind. Die Idee entstand schon vor dem Krieg. 1932 fanden die ersten fünf Exemplare in Rübeland ein Zuhause. Eigens für diese aalähnlichen Schwanzlurche hatte man den 80 cm tiefen und nur 7 Grad „warmen“ Olmensee angelegt. 1956 folgen weitere dreizehn Olme, die wie die ersten ebenfalls aus der Adelsberger Grotte in Postojna (Slowenien) stammten. Laut der Website der Harzer Höhlen kamen von diesen aber nur elf „wohlbehalten“ an. Von den ersten fünf Lurchen waren zu der Zeit sogar nur noch zwei am Leben. Angeblich hatten amerikanische GIs nach ihrem Einmarsch in Rübeland mindestens ein Tier gebraten und als Mutprobe verspeist.
1978 baute man ein Zuchtbecken, obwohl man bis dahin nie Eier gefunden hatte. Daher ging man davon aus, dass sämtliche Olme männlichen Geschlechts waren. 1985 sammelte man bei einer Säuberung des Olmensees 13 Exemplare ein, die vermutlich alle aus dem 1956er Import stammten. Erst 2015 wagte der französische Experte Olivier Guillaume eine neue Geschlechtsbestimmung. Ergebnis: Von den neun gefundenen Tieren waren fünf Weibchen. Doch schon 2016 zählte man nur noch sieben Grottenolme. Drei Männchen sowie vier Weibchen. Im gleichen Jahr fand man sogar fünf Eier. Nachwuchs blieb aber aus. Dabei wäre dieser nötig. Zwar können die 25 bis 30 cm langen Lurche bis zu 100 Jahre alt werden. Zumal wie in der Hermannshöhle (Harz) ohne Fressfeinde. Doch gibt es für Grottenolme mittlerweile ein Importverbot. Ohne Nachwuchs steht Deutschlands einzige Grottenolm-Population somit vor dem Aus.
Die Kristallkammer (oder auch Schatzkammer)
Die Kristallkammer gilt als der zweite große „Schatz“ der Hermannshöhle (Harz). Freilich kein Wunder, verblüfft diese Kammer doch mit außergewöhnlichen Tropfsteinen. Das liegt an den vielen filigranen Calzit-Kristallen, welcher der Kammer ihren Namen gaben. Die Kristalle formten jedenfalls die merkwürdigsten Figuren wie…
- den Lindenbaum
- das Schloss
- die Burg
- den Springbrunnen oder
- die chinesische Mauer.
In dem engen Gang der Kristallkammer sind außerdem recht deutlich Wasserstandsmarken zu sehen. Denn die wunderschönen Kristalle entstanden über zig tausende Jahre in stehendem Wasser. Die Wasserhöhle entwickelte sich dann im Laufe der Zeit zur Flusshöhle. Die „Schatzkammer“ ist übrigens – obwohl schon 1888 entdeckt – erst seit 1897 zugänglich.
Tatsächlich wurden selbst in „moderner“ Zeit – sprich nach 1970 – noch neue Hohlräume gefunden. Apropos: Bekannt für ihre Forschungen sind Johan Herman Klos, Robert Nehring sowie Friedrich Stolberg.
Das dritte Highlight: Der Bärenfriedhof
Als drittes Highlight lockt in der Hermannshöhle der Bärenfriedhof. Zahlreiche Funde von Knochen lassen darauf schließen, dass die Rübeländer Höhle(n) ein beliebtes Winterquartier für die früheren Höhlenbären war. Diese vor 28.000 Jahren ausgestorbene Ur-Bären (Ursus spelaeus) waren mit 3,50 m um einiges größer als heutige Braunbären (Ursus arctos). Zum Vergleich: Ein Grizzly kommt auf maximal 2,50 m, der Kodiak auf bis zu 2,80 m. Die Bezeichnung Höhlenbär ist übrigens irreführend. Der Ursus spelaeus war ein höhlenliebender Bär, der aber nicht in Höhlen lebte.
Damit sich die Bären in den dunklen Höhlen zurecht fanden, rieben sie ihr Fell an den Höhlenwänden. So setzten sie Duftmarken, an denen sie sich orientieren konnten. Entsprechend verfärbte Stellen sind bis heute sowohl in der Hermannshöhle wie auch Baumannshöhle zu sehen. In der letztgenannten findet ihr zudem am Ende der Führung ein aus mehreren Individuen zusammengesetztes Skelett eines Höhlenbären. Seit einigen Jahren dient das urige Tier dem „Höhlenort“ Rübeland auch wieder als Wahrzeichen. Gut sichtbar steht dieser weit oben auf der Herzklippe an der Bodebrücke.
Infos und Preise zur Hermannshöhle (Harz)
Aktuell (Stand 10/2023) ist die Schauhöhle ohne Führung zu besichtigen. Mit Führung (und Erklärung) dauert die rund 1.000 m lange Höhlentour um die 50 Minuten. Wichtig: Packt euch eine Jacke ein und zieht anständige Schuhe an. In der Hermannshöhle (Harz) herrschen Sommer wie Winter nur um die acht Grad. Außerdem geht es über zig Treppen ab- und aufwärts.
Just in 2023 bekam die Höhle übrigens eine Auffrischung verpasst. Und zwar in Form einer neuen Beleuchtung samt 11 km Kabel und 600 Lampen. Diese soll Höhle, Tropfsteine und Grottenolme noch besser zur Geltung bringen.
Der Eintritt kostet Stand 2023 für Erwachsene 8,00 Euro, für Kinder (4 – 14 Jahre) 5,50 Euro. Kinder unter vier Jahren haben freien Eintritt. Für Gruppen und Familien gewähren die Rübeländer Höhlen besondere Tickets. Diese bekommt ihr direkt vor Ort an der Kasse oder online unter harzer-hoehlen.de. Für die Hermannshöhle gibt es außerdem – da derzeit ohne Führung – einen Audio-Guide für 1,00 Euro. Dieser ist in deutsch und englisch zu haben und erfordert ein internetfähiges Smartphone sowie Kopfhörer Letztere erhaltet ihr für 1,50 Euro aber auch vor Ort.
Ebenfalls erhältlich ist das Kombi-Ticket Himmel und Höhle. Dieser gewährt euch Eintritt in eine der beiden Rübeländer Tropfsteinhöhlen sowie die Hängebrücke TitanRT an der nahen Rappbodetalsperre.